Neues Denken für das vereinte Deutschland (Kolumne von Ministerpräsident Dieter Althaus)
Ohne die Öffnung des Eisernen Vorhangs, ohne die Friedliche Revolution von 1989 würde es den Tag der deutschen Einheit nicht geben. Wer sich die Bilder von damals in Erinnerung ruft, der spürt noch einmal das unbeschreibliche Glücksgefühl, den der Fall der Mauer bei der überwältigenden Mehrheit in Ost und West auslöste. Erst der Sturz der SED-Diktatur brachte den Bürgerinnen und Bürgern in den jungen Ländern die langersehnte Freiheit. Das Tor zur Freiheit und zur Demokratie wurde in jener Zeit weit aufgestoßen und der Weg der Vereinigung nachhaltig geebnet.
Im kommenden Jahr denken wir nicht nur an die Friedliche Revolution vor 20 Jahren. Auch 90 Jahre Weimarer Republik und Weimarer Verfassung und 60 Jahre Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland stehen auf der Agenda. Diese drei historischen Ereignisse haben die Demokratiegeschichte des 20. Jahrhunderts entscheidend geprägt. Sie bestimmen auch unsere Gegenwart und unsere Zukunft. Das 21. Jahrhundert definiert sich durch Globalisierung und durch rasante Technologieentwicklung. Aber es muss auch ein Jahrhundert der Freiheit und der Demokratie sein. Dass dies nicht selbstverständlich ist, beweist schmerzhaft das vergangene Jahrhundert. Deshalb habe ich im Freistaat Thüringen für 2009 das „Jahr der Demokratie“ ausgerufen. Die Qualität unserer Erinnerungskultur ist entscheidend für die Zukunft.
Wir sind in Thüringen auf einem guten Weg. Aber, die Herausforderungen werden nicht kleiner. Es kommt auf uns an. Das Engagement unserer Bürgerinnen und Bürger, ihre Lebensleistung, aber auch eine großartige Solidaritätsleistung in ganz Deutschland in den vergangenen 18 Jahren, haben es möglich gemacht, den politischen Gestaltungsrahmen optimal zu nutzen. Wir dürfen stolz sein auf die Entwicklung des Freistaates Thüringen in der Mitte Deutschlands und Europas. Natürlich gibt es Sorgen und Probleme, aber unsere Chancen weisen gute Wege und die werden wir gemeinsam gehen.
Im Übrigen, wir haben auch neues Denken für das vereinte Deutschland eingebracht: Denken Sie nur an Stichworte wie Kindergarten, Ganztagsbetreuung, Chancen für die gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf, 12 Jahre bis zum Abitur, starker mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht, intensive und innovative Ingenieurausbildung, zukunftsfähige Landwirtschaftsstrukturen... Diese Schlüsselbegriffe stehen inzwischen vielfach für neue chancenreiche Entwicklungen in ganz Deutschland. Die Erfahrungen und Impulse kamen vor allem aus den jungen Ländern. Das Zusammenwachsen unseres Landes ist keine Einbahnstraße. Wir haben Erfahrungen eingebracht, die für die Zukunftsfähigkeit Deutschlands insgesamt wegweisend sind. Wir können stolz auf das bisher Erreichte sein.
Keine Frage - das Konzept Aufbau Ost mit der starken Konzentration auf Verkehrsinfrastruktur und Erneuerung der Wirtschaft sowie der Solidarpakt waren und sind von existenzieller Bedeutung für unsere Länder: Im Ergebnis mehr als doppelt so viele Autobahnkilometer wie 1990, moderne mittelständische Wirtschaftsunternehmen, leistungsfähige Krankenhäuser, neue Pflegeheime und Behinderteneinrichtungen, viele Umwelt- und Sozialprojekte und das freundliche Gesicht unserer Kommunen – all das steht für den Neuaufbau. Wenn es um die Zukunftsorientierung von Familie und Bildung geht, dann können wir jedoch ohne Pathos vom Beispiel Thüringen reden.
Es gibt noch viel zu tun. Packen wir es gemeinsam mutig an. Davon profitieren die Bürgerinnen und Bürger in allen Ländern – ganz im Sinne einer gelungenen Einheit, die die Chancen der Wiedervereinigung nutzt, weil sie auf die Erfahrungen aller Deutschen setzt.
